Spielarten des Naiven. Kindliche, künstliche und manieristische Erzählweisen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, Julia Boog-Kaminski,Johannes Kaminski,Andree Michaelis-König, Editör, Königshausen & Neumann, Würzburg, ss.281-301, 2024
Franzobels
2017 erschienener neo-historischer „Roman nach einer wahren Begebenheit“, so
der Untertitel, zieht nahezu sämtliche Register postmodernen Erzählens. Er schildert
die Tragödie um die Überlebenden der Medusa als Komödie. Durch seine
Erzählweise, die metafiktionale Elemente, komische Figuren, manierierte
Sprechweisen, groteske Situationen und doppelte Ironie verwendet, hält der
Roman die Schrecken der Geschichte künstlich auf Distanz und umschifft die
Untiefen des Pathos. Doch dieses Spiel mit dem unzuverlässigen Erzähler hat
seinen Preis: Die starke Fiktionalisierung des Stoffes bedroht gleichzeitig
dessen Authentizität. Dem versucht der Text wiederum mit einem anderen
künstlichen Erzählmittel entgegenzuwirken.